Inventarnummer V.357

Krieger

Graue Irdenware mit Resten weißer Engobe und kalter Bemalung in Rot, H 40 cm, Nord–China, Jin– oder Nord–Wei–Dynastie, spätes 3. oder 4. Jh. n. Chr., Alter verifiziert durch Thermolumineszenztest

Schwerer Scherben mit Erdresten in den Ecken und Vertiefungen. Ungewöhnlich ist, dass sich insbesondere am Ansatz des Helmes und in den eingetieften Konturlinien von Augen und Mund über die Reste weißer Engobe hinausgehend deutliche Spuren kalter Bemalung in Zinnoberrot erhalten haben. Die vergleichsweise große Figur zeigt einen Krieger, der durch die überdimensionalen, weit aufgerissenen Augen, die große Nase und den Spitzbart deutlich als Ausländer gekennzeichnet ist. Auch der in senkrechte Segmente unterteilte, eng am Kopf anliegende Helm mit einer oben aufgesetzten, zopfartigen Helmzier, entspricht nicht der in China verbreiteten militärischen Ausrüstung. Vermutlich hat dieser merkwürdig geformte Helm seinen Ursprung in einer besonderen Form der Haartracht: In ähnlich gestalteten Figuren ist der Krieger statt mit einem derartigen Helm mit nach oben zu einem Zopf zusammengebundenem Haar dargestellt. Der breitbeinig stehende, offensichtlich zum Kampf bereite Krieger trägt einen Arme und Beine weitgehend freilassenden Schuppenpanzer und hat die Rechte erhoben – das Loch in der Hand lässt vermuten, dass er ursprünglich mit einem im Grab verwitterten hölzernen Speer ausgerüstet war. In der Linken trug er vielleicht einen ebenfalls hölzernen Schild. Den Mund weit geöffnet und die Zähne fletschend, ist die Figur eine furchteinflößende Erscheinung, die als Reflex neuer, gewaltsamer Konflikte einer Epoche gesehen werden kann, die in China nach dem Zerfall des Han–Reiches durch eine zunehmende Zahl innerer und äußerer Konflikte geprägt war. Der vorliegende Figurentypus wurde auch als „Exorzist“ interpretiert. In der späten Zhou–Zeit [11. Jh. – 221 v. Chr.] soll ein Exorzist, mit einer Bärenmaske vor dem Gesicht, in die vier Ecken eines Grabes geschlagen haben, um böse Geister zu vertreiben. Vergleichbare Figuren finden sich in der Schloss Collection und der Meiyintang Collection. Eine sehr ähnliche Figur mit einem Schild wurde in einem Grab der Westlichen Jin–Zeit in Xingyuancun, Bezirk Yanshi, Provinz Henan gefunden.

Inv. Nr. V.357, erworben 1988 von der Galerie Gross/Wiesbaden, mit Mitteln der „Herrenhauser Serie 88“

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