Inventarnummer V.516

Der Yôrô-Wasserfall von Yokoyama Seiki (1793-1865)

Hängerolle, Tusche auf Papier, H 137,2/206,5 cm, B 31,0/33,4 cm, Japan, Ende Edo-Zeit, datiert 1862

Die außergewöhnliche Rolle trägt die Aufschrift: „Im Angesicht des Yôrô-Wasserfalls geschaffen vom 70-jährigen Greis Seiki“. Nur mit wenigen Pinselstrichen am oberen rechten Rand ist der Wasserfall wiedergegeben. Ansonsten bleibt das Bild bis auf die kleine Aufschrift unten links leer. Das Sujet ist der Yôrô- („Labsal des Alters“) Wasserfall in der Provinz Gifu. Dieser wurde im 8. Jahrhundert von der Kaiserin Genshô (reg. 715 – 724) besucht, die ihr angeblich auch seinen Namen verlieh. Seither wird er als eine Art Jungbrunnen verehrt. Sein Wasser soll die Haut glätten, das Haar schwärzen und das Augenlicht fördern. In diesem Werk erscheint der in die Bildecke gedrängte Wasserfall gewissermaßen wie eine allerletzte Spur des Lebens, was wenige Jahre vor dem Tod des „Greises Seiki“ zu einer besonderen Form des memento mori wird.

Das Rollbild hat noch die originale Bildmontierung aus dem 19. Jahrhundert, die zum harmonischen Gesamteindruck des stark hochformatigen Bildes beiträgt. Die Komposition, die in ihrer radikalen Reduktion auf eigentümliche Weise bereits die Minimalismen der Kunst des 20. Jahrhunderts vorwegzunehmen scheint, ist für ein Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenes Werk höchst ungewöhnlich.

V.516, erworben von Galerie Japan Art/Frankfurt am Main, 1992

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